Warum der 100-Dollar-Ölpreis ein Segen ist

  • Thomas Straubhaar ist Professor für Volkswirtschaft an der Universität Hamburg und Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Seine Forschungsinteressen liegen bei den Internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Außerdem befasst er sich mit Ordnungspolitik sowie bildungs- und bevölkerungsökonomischen Fragen


    Der Ölpreis marschiert auf 100 Dollar pro Barrel zu - und schon bricht die Angst um Konjunktur und Energie-Versorgung aus. Dabei hat der Rekordpreis reichlich positive Folgen, analysiert Ökonom Thomas Straubhaar.


    Hamburg - Ein Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel bewirkt mehr, als es gute Worte oder dramatische Filmbilder vermögen. Denn steigende Preise waren schon immer die kraftvollste Ursache für eine nachhaltige Verhaltensänderung. Sie betreffen auch jene, die weder in der Wirklichkeit noch in den Medien sehen wollen, wie knapp gewisse Rohstoffe und wie wichtig neue Alternativen geworden sind.


    Der steigende Ölpreis hat schon dazu geführt, dass endlich - und nun auch in USA - über Energiesparen nicht nur in Talkshows geredet, sondern tagtäglich entsprechend gehandelt wird. Nun ist es nicht mehr "unamerikanisch", das Ende der benzinfressenden Strassenkreuzer oder einen Beitritt der USA zu internationalen Klimaschutzvereinbarungen zu fordern. Firmen beginnen der Marktkräfte und nicht neuer Gesetze wegen, in energiesparende Technologien zu investieren.


    Für Haushalte wird es bei hohen Preisen automatisch und ohne neue Steuern oder Subventionen finanziell attraktiv, Energie zu sparen, Heizungen zu erneuern und regelmässig zu warten, Fenster besser abzudichten, Dächer, Keller und Außenwände zu dämmen und Wohnungen tagsüber nicht auf mehr als 20 Grad aufzuheizen und nachts nicht auf mehr als 15 Grad. Nun rechnet es sich von alleine, Energiesparlampen einzuschrauben, weniger heiß zu waschen und weniger kalt zu kühlen sowie benzinsparender und weniger Auto zu fahren.

    Die Ölknappheit ist kein Problem fehlender Vorräte


    Würden die USA und China die heute in Deutschland bereits realisierte Energieeffizienz schaffen, reichen die Energievorräte noch Jahrhunderte. Gelänge es allen Ländern, die Energieeffizienz noch einmal zu verbessern, zerplatzten alle Ängste und Sorgen über die rohstoffbedingten Grenzen des Wachstums.


    Ein Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel macht es attraktiv, in bestehende oder neue Ölfelder zu investieren. Denn im Grunde ist die aktuelle Ölknappheit nicht so sehr ein Problem fehlender Ölvorräte. Gerade bei hohen Ölpreisen lohnt es sich mehr denn je, neue Techniken einzusetzen und aus alten Ölfeldern mehr herauszuholen. Ebenso ist es attraktiver geworden, auch weniger ergiebige Ölfelder zu erschließen oder aus Ölschiefer und -sand Benzin zu gewinnen. Deshalb sind die weltweiten Ölreserven heute nicht etwa geringer als früher. Sie sind gestiegen und haben Rekordstände erreicht.


    Der gegenwärtige Ölmangel ist auch nicht so sehr ein Problem des riesigen Öldurstes Chinas. Natürlich treibt die rasant wachsende chinesische Nachfrage den Preis nach oben. Entscheidender ist jedoch, dass die vorhandenen Ölvorräte nicht rasch genug abgebaut und verarbeitet werden. Eine Ursache hierfür liegt darin, dass in Zeiten billigen Öls die Energiefirmen zu wenig investiert haben, um die Förderanlagen, Pipelines und vor allem Raffinerien zu modernisieren und zu erweitern. Dieses Problem wird zwar noch eine Weile preistreibend wirken. Es dürfte aber gerade bei hohen Energiepreisen eher vorübergehender Natur sein.



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    Die wohl bedrohlichere Ursache der langsamen Fördergeschwindigkeit liegt in den zunehmenden politischen Schwierigkeiten der großen, westlichen Ölmultis, an Ölquellen heranzukommen. Der Irak-Krieg und andere politische Krisen provozieren immer wieder kurzfristige Versorgungsengpässe.


    Dazu kommt, dass immer mehr staatliche Gesellschaften aus Russland, Venezuela, Iran und Nigeria oder staatliche Auflagen der Öl exportierenden Länder die Multis an ihrem Geschäft hindern. Das führt zu enorm hohen und vor allem auch kaum kalkulierbaren Zusatzkosten. Beides schmälert die Renditeerwartungen und verringert die Bereitschaft, mehr Kapital im Ölgeschäft anzulegen. Gerade die politisch bedingten Ölpreiszuschläge dürften während der Präsidentschaft von George W. Bush deutlich angestiegen sein. Und sie werden auch nicht so rasch wieder geringer werden.

    Wie Deutschland profitiert

    Umso wichtiger wird es für die Weltwirtschaft, nach neuen Energiequellen oder -trägern zu suchen. Und hier zeigt sich nun erst recht, welche neuen Chancen ein Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel bietet. Überall wird - durchaus mit Erfolg - fieberhaft nach Alternativen zu den fossilen Energieträgern gesucht. Europas Ölabhängigkeit ist schon wesentlich geringer geworden als im vergangenen Jahrhundert.


    Völlig anders als bei früheren Ölkrisen provoziert der steigende Preis keine Rezession. Im Gegenteil: Gerade die hohen Rohstoffpreise führen zu riesigen Investitionen, um die Öl- und Gasabhängigkeiten weiter zu verringern, Energie einzusparen und moderne Technologien einsetzen zu können. Das gilt übrigens vor allem auch für die Öl exportierenden Staaten. "Weg vom Öl" lautet deren Ziel. Der rasche Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und ein Aufbau modernster Dienstleistungszentren der internationalen Spitzenklasse sind der Weg.


    Vom Investitionsboom der Öl exportierenden Länder profitiert die deutsche Wirtschaft in besonderem Maße. Deutsche Firmen der Old Economy, also Betriebe der Elektro- und metallverarbeitenden Industrie, des Anlage- oder Maschinenbaus, der Werkzeug- und Geräteindustrie, bieten ihre qualitativ hochwertigen Spitzenleistungen weltweit mit sehr viel Erfolg an. Die Petrodollars des vergangenen Jahrhunderts sind zu Petroeuros geworden. Die Öl exportierenden Länder geben einen großen Teil ihrer Deviseneinnahmen gleich wieder aus - und zwar eben auch für leistungsfähige Maschinen, Spezialfahrzeuge, qualitativ hochwertige Präzisionsgeräte, moderne Apparate und innovative Werkzeuge aus Deutschland.


    Genauso aber liegen die Chancen der deutschen Wirtschaft in neuen Abläufen, also in einer besseren Organisation von rohstoffsparenden Wertschöpfungsnetzwerken. Mit dem Management und der Organisation, also dem Zusammenfügen einzelner Räder des Wertschöpfungsprozesses zu einem stimmigen Uhrwerk höchster Präzision, lässt sich auch in Zukunft sehr viel Geld verdienen.


    Dann kann die standardisierte industrielle Billigarbeit ruhig nach Südostasien oder Südosteuropa abwandern. In Deutschland aber bleiben die besser bezahlten Jobs der Forschung und Entwicklung, der Finanzierung und Versicherung, der Beratung und Kontrolle, der qualitativ für die Konkurrenz unerreichbaren Produkt- und Prozessinnovation, der Fertigung komplexer industrieller Bausteine, der Wartung und Reparatur, der Organisation und Führung. Das sind die Tätigkeiten, die erlauben, auch in Zukunft den hohen Lebensstandard in Deutschland zu sichern.

    Von A wie Abfallstoffe bis Z wie Zuckerrüben


    Weil deutsche Firmen schon seit Jahren mit den Anforderungen an eine energiearme und ressourcenschonende Produktion vertraut sind, haben sie auf den Energie- und Rohstoffmärkten der Zukunft besondere Erfolgschancen. Von A wie Abfallstoffe bis Z wie Zuckerrüben stecken gerade in den Köpfen deutscher Tüftler Unmengen von kreativen Ideen, wie sich aus allem und jedem Energie für die Zukunft gewinnen lässt. Sonne, Wind und Wasser werden bis anhin als Energiequellen nur zu einem Bruchteil ihrer Ergiebigkeit ausgeschöpft.


    Der Mensch kann Raumkapseln zum Mars schicken, aber die unendlichen Möglichkeiten der Sonneneinstrahlung, der Erdrotation, der Gezeiten oder der Meerestiefen werden kaum bis überhaupt nicht genutzt. Es gibt nichts, was kluge Köpfe nicht zu neuen rohstoffsparenden und -ersetzenden Erfindungen inspiriert. Es gibt nichts, was grundsätzlich dagegen spricht, neue Ideen rasch und innovativ umzusetzen. Und es gibt nichts, was künftigen Generationen besser hilft, immer wieder auftretende Knappheiten rasch zu überwinden, als steigende Rohstoffpreise heute.


    quelle


    spiegel online

  • Bin beim Stöbern auf diesen Beitrag v. Fillin gestossen.. Genau das hat mir mein Chef hier so erklärt.. Nun rentiert sich das Suchen nach neuen Ölfeldern wieder


    Ist ein guter Artikel

  • vielleicht ein kleines update:


    Zitat von "spiegel online:"

    Der rasante Preisanstieg setzt sich fort: Der Ölpreis ist heute auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Der rasante Anstieg geht nach Einschätzung von Analysten vor allem auf Spekulanten zurück.


    London - Den fünften Tag in Folge hat der US-Ölpreis heute ein Rekordhkoch erreicht. Nach der rasanten Rekordjagd der Vortage erreichte der Preis für ein Barrel (159 Liter) in New York den historischen Höchstwert von 109,20 US-Dollar. In London kletterte der Ölpreis über die Marke von 105 Dollar. Schon gestern war der US-Ölpreis in der Spitze bis auf den Rekordwert von 108,20 Dollar gesprungen.


    Der jüngste Höhenflug des Ölpreises steht nach Einschätzung von Experten in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Nachfrage auf den Weltmärkten. Vielmehr sähen spekulationsorientierte Anleger die Ölmärkte immer stärker als eine lukrative Anlagemöglichkeit, sagte der Rohstoffexperte Mark Pervan von der australischen ANZ Bank in Melbourne. Besonders große Fondsgesellschaften hätten sich immer stärker an den Rohstoffmärkten engagiert und so die Preise getrieben. Pervan wollte eine Fortsetzung der Rekordjagd nicht ausschließen


    Wiedermal ist der geldgeile Investor Schuld..


    Wobei ich gestehen muss, das ich selbst in Zertifikate von Öl investiert habe :satan:


    edit: das ZEW-Stimmungsbarometer ist überrraschend gestiegen.. die Menschen glauben wieder an die Konjunktur


    Euro auf Rekordhoch, bei 1.5472 US $

  • Zitat von "Fillin"


    Wobei ich gestehen muss, das ich selbst in Zertifikate von Öl investiert habe :satan:


    und darauf bist du vielleicht auch noch stolz, oder wie??? :headnut:


    man sollte halt auch bedenken, dass das Öl in Dollar gerechnet wird und der Dollar im Dauersturzflug ist, also in Wahrheit kostet das Fass 70,58 EUR, was ein relativ moderater Wert wäre und somit dürfte der Benzinpreis rein theoretisch nicht mal bei 1EUR liegen, nur die Konzerne nutzen die Dummheit der Menschheit und reden ihn ein, dass bei 109 Dollar der Sprit natürlich wahnsinnig teuer sein muss und cashen dafür Milliardengewinne ein und der Staat hält natürlich auch sein Maul, weil er ja auch seine fetten Einnahmen hat... :angry: :angry:


    ich bin ja kein großer Freund von regulierenden Eingriffen in die Märkte, aber vielleicht sollte man schon mal überdenken die Spekulationen mit Öl zu unterbinden....?

    audi4ever 4.0 rulez!!!

  • Nicht nur die spekulationen mit öl gehören eingeschränkt. genrell die Rohstoffspekualtionen gehören zurückgeschraubt.


    Haben gestern schon ein schreiben der kammer bekommen das stahl wohl wieder mal um bis zu 30% teuer werden wird im märz :headnut:


    Na gratuliere. Man kann nicht mal mehr ein anbot machen den bei jeder preisanfrage bekommt man nur mehr zu hören: Das ist der heutige Preis, morgen kanns schon wieder anders aussehen. Und mit solchen aussagen soll man dann ausschreibungen abliefern die 6-9 monate vor Arbeitsbeginn abgegeben werden müßen. Das ganze hat schon vielen firmen das genick gebrochen

    A3 3.2 V6 quattro

  • das geht nur leider nicht, weil dann unser System der freien Märkte nicht mehr funktionieren würde...
    was den Stahl betrifft, das liegt nicht an den Spekulationen, sondern da ist es tatsächlich die Nachfrage, wenn ich schaue wo "wir" (die Firma wo ich derzeit tätig bin) Stahlwerke aufstellen und wie denen die Tür eingerannt wird wegen weiteren Aufträgen, das ist einfach unglaublich!

    audi4ever 4.0 rulez!!!

  • Naja zumindet haben die leute in eisenerz wieder was zu tun <img src="{SMILIES_PATH}/icon_wink.gif" alt=";)" title="" /> mittlerweile werden schon erzwaggons aus deutschland gemietet. Vor ein paar Jahren noch hat man ab und zu mal nen Erzzug bei uns vorbeifahren gesehen. Jetzt sind es mind 6 am Tag. Durch den hohen erzpreis lohnt sich auch der abbau am erzberg wieder

    A3 3.2 V6 quattro

  • Bei uns im Einkauf läuft es derzeit so ab, ein Angebot wird auf Basis (Hausnummer) von 600 € / Tonne Stahl abgegeben. Im Zusatz des Angebotes steht aber das in kurzer Zeit mit 650 € / Tonne Stahl kalkuliert werden muss, dieses Szenario geht aber seit einigen Jahren bereits Monat für Monat weiter nach oben. Ich glaub vor 2-3 Jahren standen wir mal bei knapp 400 € / Tonne Stahl bei dieser Type von Stahl, ich sprech da natürlich von keinem "Wald und Wiesen-Stahl". Richtig schlimm wirds ja erst dann wenn die Kontingente in einem Land ausgeschöpft sind und man dann in ein anderes Land gehen muss um sich dort an den Kontingenten zu bedienen, in dem Falle hat eine "globale Firma" wieder seinen Vorteil - da man durch global verteilte Produktionssstandorte auch in anderen Ländern Kontingente absaugen kann ... natürlich auch unter der Vorrausetzung das es was zum Absaugen gibt ... :D

  • was die globalen Firmen angeht, da hauts mir momentan auch das Heul vom Dachl wenn man mal sieht wie das so abläuft! das ist echt unglaublich, da glaubt man der andere Standort wäre vielleicht 100km weit weg, dabei steht er am anderen Ende der Welt und so wird für ein Projekt in 4 Kontinenten gearbeitet und in 3 produziert, das ist echt wahnsinnig faszinierend... das sehe ich aber auch, wo es derzeit in China noch massive Mängel gibt! die bieten zwar billige Kräfte und Produkte an, nur entsprechen die Qualitäten einfach nicht dem was man im Westen erwartet und auch die Arbeitsmoral passt nicht ganz... und die Infrastruktur lässt zu wünschen übrig, da dauert z.B. die Verschiffung(Versand) von Europa in die USA 6 Wochen, aber von China in die USA mal eben 12 Wochen und das obwohl es fast die gleiche Distanz ist...

    audi4ever 4.0 rulez!!!