quattro – 30 Jahre Vorsprung durch Technik

  • Dieter Weidemann, Entwicklung quattro Antriebstrang
    Steffen Zäpfel, Entwicklung Stabilitätsregelsysteme


    30 Jahre quattro bedeuten 30 Jahre Vorsprung durch Technik – und sie stehen für 30 Jahre Erfolg. Von 1980 bis Ende 2009 hat Audi etwa 3,3 Millionen Autos mit quattro-Antrieb produziert, heute ist die Marke im Premium-Segment der weltweit führende Hersteller von Personenwagen mit permanentem Allradantrieb. 2009 hat Audi mit über 316.000 verkauften Fahrzeugen seine Führungsposition erneut unter Beweis gestellt. Die aktuelle Modellpalette zählt über 120 quattro-Varianten, eine Reihe von Modellen ist ausschließlich mit Allradantrieb erhältlich. Neben den Großserienfahrzeugen spielen hier die dynamischen S- und die RS-Modelle wichtige Rollen.


    Der erste Audi quattro debütierte im März 1980 auf dem Genfer Autosalon, entwickelt unter der Leitung des damaligen Entwicklungsvorstands Dr. Ferdinand Piëch. Ein Fünfzylinder-Turbo mit 2,1 Liter Hubraum katapultierte das kantige Coupé, das heute Ur-quattro genannt wird, mit 147 kW (200 PS) in die Liga der schnellen Sportwagen seiner Zeit.


    Der Allradantrieb des Ur-quattro war so effizient wie elegant konzipiert. Eine Hohlwelle, die durch das Getriebe lief, machte das damals übliche schwere Verteilergetriebe und die Nebenwelle zur Vorderachse überflüssig – Audi hatte den ersten permanenten Allradantrieb für sportliche Autos in großer Serie entwickelt. Ein Kegelraddifferenzial verteilte die Kräfte gleichmäßig zwischen Vorder- und Hinterachse. Auf rutschigem Untergrund konnte es der Fahrer, ebenso wie das Differenzial der Hinterachse, manuell sperren.


    Von 1982 an zog die quattro-Technologie nach und nach in alle Baureihen ein. 1984 stellte Audi dem Ur-quattro den Sport quattro zur Seite, einen in Länge und Radstand verkürzten Supersportwagen mit 225 kW (306 PS). Der „Kurze“, der zur Homologation des Wettbewerbsautos in der Rallye-WM diente, ist heute ein gesuchter Klassiker. Der „lange“ quattro lief noch bis 1991 weiter, ab 1989 mit einem Vierventil-Motor, der 162 kW (220 PS) leistete.
    1986 führte Audi ein neues selbstsperrendes Mittendifferenzial in die Serie ein. Es arbeitete weiterhin mechanisch und dabei höchst intelligent. Seine Bezeichnung Torsen leitete sich aus den englischen Wörtern torque (Drehmoment) und sensing (fühlend) her. Speziell verzahnte Schneckenräder im Inneren des Differenzials konnten die Motorkräfte bei Bedarf blitzschnell umverteilen – sie schickten bis zu 75 Prozent auf die Achse, welche die bessere Traktion hatte. Dank der Flexibilität des Torsen-Differenzials blieb das Antiblockiersystem immer dann wirksam, wenn es gebraucht wurde – ein weiterer großer Fortschritt.


    1995 erschien der erste TDI quattro, und seit 1998 sind auch die kompakten Audi-Modelle, bei denen die Motoren quer eingebaut sind, mit vier angetriebenen Rädern zu haben. Sie nutzen eine spezielle Technologie. Am Ende der Kardanwelle sitzt hier eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung, sie wird von einer elektrisch angetriebenen Pumpe versorgt. Wenn die Lamellen durch Öldruck zusammengepresst werden, leiten sie stufenlos mehr Moment, im Extremfall bis 100 Prozent, von der Vorder- auf die Hinterachse.


    2005 debütierte im klassischen quattro-Antriebsstrang eine weitere Innovation – das neue selbstsperrende Mittendifferenzial mit asymmetrisch dynamischer Grundverteilung. Im normalen Fahrbetrieb verteilt es die Kräfte im Verhältnis 40 : 60 zwischen Vorder- und Hinterachse; bei Bedarf kann es bis zu 60 Prozent der Momente nach vorne und bis zu 80 Prozent nach hinten schicken. Das selbstsperrende Mittendifferenzial, als Planetengetriebe konzipiert, arbeitet rein mechanisch.


    An der Spitze der quattro-Palette steht heute der Audi RS 6 – sein doppelt aufgeladener V10-Motor leistet 426 kW (580 PS). Der Hochleistungssportwagen R8 5.2 FSI quattro nutzt einen 5,2 Liter-Sauger mit 386 kW (525 PS). Aufgrund seines speziellen Technik-Konzepts mit dem großen Mittelmotor hat er einen ganz speziellen quattro-Antriebstrang. Sein Herzstück ist eine Viscokupplung an der Vorderachse; sie integriert ein Paket Lamellen, die in einer viskosen Flüssigkeit laufen. Standardmäßig leitet die Kupplung etwa 15 Prozent der Kräfte nach vorn, bei Bedarf bis zu 30 Prozent.


    Im Jahr 1990 hatte Audi sein erstes S-Modell aufgelegt – des Coupé S2 begründete mit sportlicher Power und kultiviertem Stil eine neue, erfolgreiche Linie. Die S-Modelle waren stets Technologieträger. Der aktuelle S4 erschien 2008 mit einer neuen Highend-Lösung – dem Sportdifferenzial, das die Motormomente je nach Fahrsituation aktiv zwischen den Hinterrädern verteilt.


    Zuständig für dieses „torque vectoring“ sind zwei Überlagerungsstufen am Differenzial, die von einem Steuergerät über Lamellenkupplungen zugeschaltet werden. Beim Anlenken oder Beschleunigen in der Kurve strömen die Momente überwiegend zum kurvenäußeren Rad und drücken so das Auto in die Kurve hinein. So wirkt das System jeder Tendenz zum Unter- oder Übersteuern schon im Ansatz entgegen.


    Die RS-Modelle – eine Produktreihe, die 1994 mit dem RS 2 Avant startete – sind die dynamische Speerspitze des Audi-Modellprogramms. Auch die RS-Modelle, die seit 2000 von der quattro GmbH verantwortet werden, präsentieren immer wieder neue Technologien. Das neue RS 5 Coupé hat die jüngste Entwicklungsstufe der quattro-Technologie an Bord – mit Kronenrad-Mittendifferenzial und radselektiver Momentenverteilung. Audi baut seine Führung im Wettbewerb weiter aus.


    Die jüngste Evolutionsstufe – das Kronenraddifferenzial Dieter Weidemann, Entwicklung quattro Antriebstrang
    Kai Volkmar, Entwicklung Stabilitätsregelsysteme


    Genau 30 Jahre nach dem Debüt des ersten quattro präsentiert Audi eine neue, innovative Evolutionsstufe seines permanenten Allradantriebs für längs eingebaute Motoren: Der quattro-Antrieb mit Kronenraddifferenzial und radselektiver Momentensteuerung gibt sein Debüt im neuen Hochleistungs-Coupé Audi RS 5. Seite 26 von 37
    Im Inneren des neuen Mittendifferenzials drehen sich zwei Kronenräder, die ihren Namen ihrer Verzahnungsgeometrie verdanken. Das hintere Rad treibt die Kardanwelle zum Hinterachsdifferenzial an, das vordere den Abtrieb zum Vorderachsdifferenzial. Die Kronenräder stehen mit vier drehbar gelagerten Ausgleichsrädern im Eingriff. Sie sind im 90 Grad-Winkel zueinander angeordnet und erhalten ihren Antrieb über das Gehäuse des Differenzials von der Getriebeausgangswelle.


    Im normalen Fahrbetrieb drehen sich die beiden Kronenräder so schnell wie das Gehäuse. Aufgrund ihrer speziellen Geometrie ergeben sich gezielt ungleiche Hebelwirkungen: In der Grundverteilung gehen 60 Prozent des Motormoments zum Differenzial der Hinterachse und 40 Prozent nach vorne.


    Wenn sich die Momente verschieben, weil der Grip an einer Achse nachlässt, entstehen unterschiedliche Drehzahlen im Inneren des Differenzials – axiale Kräfte führen dazu, dass die benachbarten Lamellenpakete aneinander gepresst werden. Die entstehende Selbstsperrwirkung leitet nun das Gros des Antriebsmoments auf die Achse mit der besseren Traktion, bis zu 85 Prozent fließen nach hinten. Im umgekehrten Fall – wenn die Hinterachse weniger Grip hat – vollzieht sich dieser Vorgang entsprechend, jetzt fließen bis zu 70 Prozent der Momente an die Vorderachse.


    Mit dieser noch breiteren Momenten-Verteilung übertrifft das Kronenraddifferenzial seine Vorgänger – die Traktion wird noch besser.


    Die Umverteilung der Kräfte und Momente erfolgt ohne zeitliche Verzögerung und absolut homogen, die aktive mechanische Arbeitsweise garantiert höchste Effizienz und verzögerungsfreie Reaktionen. Weitere Stärken des Kronenraddifferenzials sind seine Kompaktheit und das geringe Gewicht – mit 4,8 Kilogramm ist es etwa zwei Kilogramm leichter als das bisherige Aggregat.


    Audi koppelt das Kronenraddifferenzial im RS 5 – und in allen weiteren Modellen, in denen es einziehen wird – mit einer intelligenten Softwarelösung im Bremsenmanagement, der radselektiven Momentensteuerung. Sie ist eine Weiterentwicklung des ESP mit elektronischer Quersperre aus den Frontantriebsmodellen, kann jedoch auf jedes der vier Räder zugreifen. Das neue System macht Kurvenfahrten noch präziser und dynamischer.


    Bei schneller Kurvenfahrt ermittelt die Software aus der Lenkvorgabe, der Querbeschleunigung und der Position des Gaspedals die optimale Verteilung der Antriebskräfte auf alle vier Räder. Wenn sie erkennt, dass die entlasteten kurveninneren Räder bald die Haftung verlieren werden, bremst sie diese leicht ab – ein feines Anlegen der Beläge an die Scheibe mit minimalem Druck genügt. Durch die unterschiedlichen Antriebsmomente wird ein zusätzliches Einlenkmoment erzeugt und das Durchrutschen der Räder schon im Ansatz verhindert.


    Die Unterstützung erfolgt gleitend und kontinuierlich. Das Auto bleibt merklich länger neutral, das Untersteuern beim Einlenken und Beschleunigen wird praktisch neutralisiert, und die Eingriffe des ESP erfolgen später und weicher – falls sie überhaupt noch nötig sind.


    Quelle: AUDI MediaInfo

    audi4ever 4.0 rulez!!!