Thomas Preining: Vom Porsche-Junior zum neuen DTM-Champion

Dank des Wechsels der Rennserie auf FIA GT3-Fahrzeuge ist Porsche seit 2022 mit seinen Kundenteams auch in der DTM vertreten. Beim diesjährigen Saisonfinale in Hockenheim hat Werksfahrer Thomas Preining jetzt die Fahrer-meisterschaft gewonnen. Auch die Titel für das beste Team und die erfolgreichste Marke gehen an Manthey EMA und Porsche. Für den 25-jährigen Preining ist es die vorläufige Krönung einer Motorsportkarriere, die 2017 im GT-Bereich als Porsche-Junior begann. Seither hat er alle Stufen der Nachwuchsförderung des Sportwagenherstellers erklommen.


Stuttgart. Mit dem Gewinn der DTM hat Thomas Preining am vergangenen Wochenende auf dem Hockenheimring sein großes Saisonziel erreicht. Der 25-jährige Porsche-Werksfahrer war als Tabellenführer mit zehn Punkten Vorsprung zu den beiden finalen Läufen des Jahres ins Badische gereist. Der Laufsieg am Samstag sowie die Pole-Position am Sonntag genügten dem Linzer am Steuer seines Porsche 911 GT3 R mit der Startnummer 91, um die Führung weiter auszubauen und den ersehnten Meistertitel vorzeitig unter Dach und Fach zu bringen. In der Endabrechnung setzte sich Preining nach 16 Saisonläufen mit 246 zu 213 Punkten gegen den italienischen Lamborghini-Werksfahrer Mirko Bortolotti durch, auf Platz drei folgt der Schweizer Ricardo Feller mit 179 Zählern. Gleichzeitig hatte der Österreicher großen Anteil am Gesamtsieg von Manthey EMA in der Team-Wertung sowie Platz eins für Porsche bei den Herstellern. „Damit geht für mich ein Traum in Erfüllung“, gesteht der erste österreichische Titelträger in der Geschichte der DTM. „Es fühlt sich fantastisch an, dieses Ziel erreicht zu haben.“


Bereits im Vorjahr, in der DTM-Debütsaison der Marke Porsche, besaß Preining als Fahrer im Team75 Bernhard von Porsche-Markenbotschafter Timo Bernhard Chancen auf den Meistertitel. Ein Unfall beim vorletzten Lauf auf dem Hockenheimring ließ den großen Traum jedoch ohne eigenes Verschulden platzen. Preining beendete das Jahr als Fünfter der Fahrerwertung. „Dieser Crash kann die positiven Eindrücke der Saison 2022 nicht schmälern“, sagte der Linzer damals. „Wir hatten einen super Einstand in der DTM. Das macht mich sehr stolz.“


Für die Saison 2023 wechselte Preining zum neu in die DTM eingestiegenen Porsche-Kundenteam Manthey EMA. Mit einem zweiten Platz im vierten Rennen des Jahres übernahm er im niederländischen Zandvoort erstmals die Tabellenführung. Diese musste Preining auf dem Eurospeedway Lausitz nach dem fünften DTM-Wochenende zunächst abgeben, holte sie sich aber bei seinem Heimrennen auf dem Red Bull Ring mit einem sechsten und einem dritten Platz rechtzeitig vor dem Saisonfinale in Hockenheim wieder zurück. Auf dem badischen Grand-Prix-Kurs fuhr er mit zwei Pole-Positions und zwei Laufsiegen das Maximalergebnis ein und sicherte sich souverän den Titel. „Wir wussten, dass es schwierig würde, am Finalwochenende alles in trockene Tücher zu bringen“, fasst Preining zusammen. „Umso befreiender fühlt es sich an, dass es uns mit der Maximalausbeute von zwei Pole-Positions und zwei Laufsiegen gelungen ist.“


Die Motorsport-Gene hat Thomas Preining von Vater Andreas geerbt


Geboren am 21. Juli 1998 in Linz, kam Thomas Preining bereits früh mit dem Rennsport in Kontakt: Sein Vater Andreas war zwischen 1989 und 1994 in der Motorrad-Weltmeisterschaft mit elf Top-10-Platzierungen in der 250-Kubikzentimeter-Klasse ziemlich erfolgreich unterwegs. „Als Thomas sechs Jahre alt war, habe ich ihm eine Mini-Motocross-Maschine gekauft“, erinnert sich Papa Preining. „Die hat ihn allerdings so gar nicht interessiert, das Motorrad stand zwei Jahre unberührt in der Garage.“ Als die Familie während eines Mallorca-Urlaubs das Kartfahren probierte, war der damals Siebenjährige aber sofort Feuer und Flamme. Nach mehreren Titeln im Nachwuchsbereich krönte sich Thomas 2014 zum Junior-Kart-Europameister. Es folgte der Aufstieg in die internationale ADAC Formel-4-Meisterschaft, die er 2016 mit zwei Laufsiegen als Vierter der Gesamtwertung abschloss. „Mein großes Ziel damals hieß ganz klar Formel 1“, erinnert sich der Österreicher. „Darauf habe ich mich voll und ganz konzentriert.“ Ein weiterer Aufstieg in den Formelklassen ließ sich aus finanziellen Gründen jedoch nicht realisieren – worauf sich Preining mit derselben Entschlossenheit dem GT-Sport zuwandte.


Porsche-Junior-Sichtung als Startschuss für Preinings GT-Karriere


Im Herbst 2016 erhielt Thomas Preining dann eine tolle Bestätigung seines Talents und seiner Hingabe für den Motorsport: eine Einladung zur Junior-Sichtung von Porsche Motorsport. Bei dem Auswahlverfahren setzte sich der junge Österreicher auf dem Lausitzring unter mehr als 100 Bewerbern durch und wurde für die Jahre 2017 und 2018 zum Porsche-Junior ernannt. Als solcher erhielt er eine umfangreiche Förderung durch Porsche Motorsport, die auch sportmedizinische und trainingswissenschaftliche Betreuung, Medienseminare, Mentaltrainings und vieles mehr umfasste. „Als Porsche-Junior steht dir ein Coach zur Seite, der dich begleitet“, erklärt Preining. „In meinem Fall war das Sascha Maaßen, dem ich unglaublich dankbar bin – als Neuling im Teenager-Alter hast du ja noch keine Ahnung, wie du dich gegenüber Sponsoren, Ingenieuren oder auch Vorständen verhalten sollst.“


Die Unterstützung zahlte sich schnell aus: Den Porsche Carrera Cup Deutschland beendet Preining 2017 als zweitbester Rookie auf dem sechsten Gesamtrang. 2018 fuhr er mit zehn Siegen in 14 Saisonläufen souverän den Titel in diesem Championat ein. Parallel dazu sorgte er als Fahrer für Lechner Racing mit dem dritten Platz in der Endabrechnung des Porsche Mobil 1 Supercup 2018 für weiteres Aufsehen. „Ich kenne keinen Rennwagen, der dir mehr abverlangt als der Porsche 911 GT3 Cup“, berichtet Preining. „In diesen beiden Markenpokalen habe ich in allererster Linie gelernt, wie du dir selbst hilfst. Das enge Reglement bietet nur wenig Spielraum beim Setup. Du kannst das Auto niemals zu 100 Prozent so abstimmen, wie du es gerne hättest. Stattdessen musst du deinen Fahrstil anpassen, um die Balance des Autos zu beeinflussen. Das lernst du in keiner anderen Serie so gut wie in den Porsche Cups.“ 2018 feierte der Youngster zudem den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Dubai.


2019 fuhr Preining als Porsche Young Professional für Herberth Motorsport im ADAC GT Masters und ging auch für das Kundenteam Gulf Racing in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC mit einem Porsche 911 RSR in der GTE-Am-Klasse an den Start. Beim 6-Stunden-Rennen von Fuji, den 1.000 Meilen von Sebring sowie beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans belegte er gemeinsam mit seinen Teamkollegen jeweils den vierten Platz. In der Saison 2019/2020 unterstützte Preining zudem das Porsche TAG Heuer Formel-E-Team als Test- und Entwicklungsfahrer.


2021 stieg der Youngster zum Porsche-Werksfahrer auf und trat gemeinsam mit Christian Engelhart für das Team75 Bernhard erneut im ADAC GT Masters an. Für 2022 wechselte er gemeinsam mit der Mannschaft des zweimaligen Le-Mans-Gesamtsiegers in die DTM – und sorgte dort im Juli 2022 mit Platz eins auf dem Norisring für den ersten Porsche-Sieg in der Geschichte der ehemaligen Tourenwagen-Serie, die nun für GT3-Sportwagen ausgeschrieben war. „Als ich 2016 an der Porsche-Junior-Sichtung teilnahm, habe ich schnell erkannt, was für eine Karriere mir dieses Nachwuchsförderprogramm ermöglichen kann“, erklärt Preining. „Ich halte es für den mit Abstand besten Weg, der sich angehenden Rennfahrern bietet. Mit Porsche kannst du es bis in die Langstrecken-Weltmeisterschaft schaffen – und eben auch in die DTM. Die kommt in meinen Augen in ihrem Standing europaweit bereits direkt hinter der Formel 1.“


Für die Zukunft hat der DTM-Champion 2023 ehrgeizige Ziele


Wäre er nicht Profi-Rennfahrer geworden, hätte sich der 25-Jährige eine ganz andere Karriere vorstellen können: „Ich interessiere mich sehr für Architektur und das Bauen von Häusern“, verrät er. „Ich sehe gerne Fortschritte und mag es, etwas entstehen zu lassen.“ Nach dem Titelgewinn in der DTM möchte sich Thomas Preining einen weiteren großen Traum erfüllen: „Ich würde gerne alle wichtigen 24-Stunden-Rennen gewinnen – also Le Mans, Daytona und Nürburgring, denn das haben bislang nur wenige geschafft…“