Volkswagen kommt bei der Neuausrichtung des Konzerns gut voran

  • Konzern öffnet sich weiter für Partnerschaften und Beteiligungen bei Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Mobilitätsdiensten
  • Elektromobilität soll zum Markenzeichen von Volkswagen werden
  • Weiteres anspruchsvolles Jahr mit solider Geschäftsentwicklung erwartet
  • Geschäftsjahr 2015: Solide operative Entwicklung von Sondereinflüssen durch Dieselthematik überlagert

Der Volkswagen Konzern treibt seine Neuausrichtung konsequent voran und wird im laufenden Jahr wichtige Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen. „2016 wird für Volkswagen ein Jahr des Übergangs sein. Es wird aber auch das Jahr sein, in dem wir den Wandel beschleunigen und das Fundament für ein neues, besseres Volkswagen legen“, sagte Matthias Müller, Vorsitzender des Vorstands der Volkswagen Aktiengesellschaft, am Donnerstag in Wolfsburg bei der Vorlage des Jahresabschlusses 2015. Die Automobilindustrie, so Müller, stehe vor dem nächsten großen Innovationssprung und einer radikalen Transformation. „Unsere Ausgangsposition für diesen epochalen Wandel ist gut. Wir haben viele Stärken, die wir in die Waagschale werfen können“, betonte der Vorstandschef und nannte unter anderem die zwölf starken Marken des Konzerns, seine technologische Kompetenz, die globale Präsenz, strikte Qualitätsorientierung, eine engagierte Belegschaft sowie solide Finanzen. „Unser Anspruch ist es, die Mobilitätswelt von morgen maßgeblich mitzugestalten“, erklärte Müller. Er sieht aber auch noch Verbesserungsbedarf: „Unser Ziel ist es, den Volkswagen Konzern effizienter und schneller, unternehmerischer und mutiger, nachhaltiger und technologisch progressiver zu machen. Das ist ohne Frage eine große Aufgabe, aber wir kommen voran“, so der Vorstandsvorsitzende.

Derzeit arbeitet der Konzern intensiv an der Weiterentwicklung seiner Strategie, die Mitte des Jahres vorgestellt werden soll. Darin werden die großen Zukunftsthemen der Branche – wie Digitalisierung, Vernetzung, Elektromobilität und neue Mobilitätsdienste – adressiert. Schon heute besetzt Volkswagen, etwa mit seiner eingeleiteten E-Offensive, alle diese Themen. „Künftig werden wir das aber deutlich konsequenter und fokussierter tun. Den Rahmen dafür wird unsere ‚Strategie 2025‘ abstecken“, kündigte Müller an.

Der Vorstandsvorsitzende bekräftigte den Anspruch, eine führende Rolle bei der Elektromobilität zu spielen, wo der Volkswagen Konzern bis 2020 mehr als 20 zusätzliche Modelle auf den Markt bringen will. Mit dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten, kurz MEB, entwickelt die Marke Volkswagen derzeit eine eigene Architektur speziell für E-Fahrzeuge.

Ende des Jahrzehnts sollen die ersten Fahrzeuge auf MEB-Basis auf die Straße kommen. „Wir wollen das Elektroauto zu einem neuen Markenzeichen von Volkswagen machen“, erklärte Müller. Neben dem Auf- und Ausbau eigener Ressourcen für die großen Zukunftsthemen will sich der Konzern auch stärker für neue Partnerschaften und strategische Beteiligungen öffnen. „Die Zeiten, in denen unsere Branche sich abgeschottet hat, gehören endgültig der Vergangenheit an. Berührungsängste, Alleingänge oder die Illusion, alles besser zu wissen und zu können, werden nicht ans Ziel führen“, sagte Müller. Als Beispiel nannte er neben der Digitalisierung auch den Bereich der Mobilitätsdienstleistungen. „Hier wird sich in den kommenden Jahren ein großes Ergebnispotenzial für unsere Industrie auftun. Daran wollen wir so stark wie möglich partizipieren“, erklärte der Konzernchef. „Wir arbeiten intensiv an vielversprechenden Ideen im Bereich neuer Mobilitätsdienste. Die Gespräche sind bereits weit fortgeschritten. Zudem werden wir in Kürze ein rechtlich eigenständiges, konzernübergreifendes Unternehmen gründen, um das Geschäft rund um Mobilitätsdienste der Zukunft mit dem nötigen Tempo, unternehmerischen Fokus und der erforderlichen Agilität voranzutreiben“, kündigte Müller an.

Neben der umfassenden Neuausrichtung des Konzerns wird auch das laufende Jahr von der weiteren Aufarbeitung der Dieselthematik geprägt sein. Als unverändert wichtigste Aufgabe in diesem Zusammenhang bezeichnete Müller die Bereitstellung überzeugender Lösungen für die betroffenen Kunden. „Das bleibt die wichtigste Aufgabe, bis auch das letzte Fahrzeug in Ordnung gebracht worden ist“, versicherte er. Bei Volkswagen seien mit den Software-Manipulationen bei Dieselmotoren Regeln gebrochen und ethische Grenzen überschritten worden. „Das tut uns aufrichtig leid. Auch weil wir wissen, dass wir dadurch viele Menschen enttäuscht haben – Menschen, die auf Volkswagen vertraut haben. Wir stehen zu unserer Verantwortung. Und wir arbeiten mit ganzer Kraft daran, das Vertrauen wieder zu stärken“, betonte Müller.

Mit Blick auf das vergangene Jahr, das der Konzern aufgrund hoher Sonderbelastungen durch die Dieselthematik mit Verlust abgeschlossen hat, sagte er: „Das operative Geschäft des Volkswagen Konzerns ist kerngesund. Es zahlt sich heute mehr denn je aus, dass unser Geschäft auf mehreren tragfähigen Säulen ruht.“ Finanzvorstand Frank Witter ergänzte: Der Anstieg der Netto-Liquidität im Konzernbereich Automobile von 17,6 auf 24,5 Milliarden Euro per Ende 2015 „unterstreicht unsere solide Liquiditätspolitik.“

Kennzahlen 2015
Der Volkswagen Konzern hat im Geschäftsjahr 2015 mit 9,9 Millionen Einheiten 2,0 Prozent weniger Fahrzeuge an Kunden ausgeliefert als im Vorjahr. „Dennoch konnte der Konzern in Summe die Umsatzerlöse steigern“ erläutert Witter. Vor allem „Mixverbesserungen, positive Wechselkurseffekte und unser Finanzdienstleistungsgeschäft“ trugen dazu bei, dass sich der Umsatz mit 213,3 (Vorjahr: 202,5) Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent verbessert hat. Das Operative Ergebnis des Konzerns lag ohne Berücksichtigung der Sondereinflüsse mit 12,8 Milliarden Euro auf dem Niveau des Jahres 2014. Die Operative Rendite vor Sondereinflüssen lag bei 6,0 % und damit in der erwarteten Bandbreite.

Die Dieselthematik führte 2015 insgesamt zu außergewöhnlichen Belastungen von 16,2 Mrd. Euro im Operativen Ergebnis. Darin enthalten sind Rückstellungen für anstehende technische Maßnahmen an den betroffenen Dieselmotoren sowie Rückkäufe in Höhe von 7,8 Mrd. Euro. Hinzu kommen 7,0 Mrd. Euro, die für weltweite Rechtsrisiken zurückgestellt wurden. Damit hat der Volkswagen Konzern im Jahresabschluss 2015 für alle bekannten und abschätzbaren Folgen der Dieselthematik Vorsorge getroffen. „Zusätzlich zur Dieselthematik wirkten sich Sondereinflüsse aus Restrukturierungsaufwendungen negativ aus, die im Lkw-Bereich in Höhe von 0,2 Milliarden Euro und im Pkw-Bereich in Südamerika in Höhe von 0,2 Milliarden Euro anfielen“ erklärte Witter weiter. Der in den USA und Kanada für alle betroffenen Automobilhersteller behördlich angeordnete Austausch von möglicherweise fehlerbehafteten, zugelieferten Airbags erforderte die Bildung von Vorsorgen in Höhe von 0,3 Milliarden Euro.

In Summe betrugen die negativen Sondereinflüsse im Operativen Ergebnis im abgelaufenen Geschäftsjahr 16,9 Milliarden Euro. In der Folge ging das Operative Ergebnis deutlich auf minus 4,1 (12,7) Milliarden Euro zurück. Die operative Rendite sank auf minus 1,9 (6,3) Prozent.

Die Auslieferungszahlen enthalten auch die verkauften Fahrzeuge der chinesischen Joint Ventures. Im vergangenen Jahr hat Volkswagen in China (inkl. Hongkong) 3,5 Millionen Einheiten verkauft, das waren 3,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Umsatz und im Operativen Ergebnis des Konzerns ist das Geschäft der chinesischen Joint Ventures dagegen nicht enthalten. Es wird seit jeher At Equity im Finanzergebnis bilanziert. Im Jahr 2015 lag das anteilige Operative Ergebnis der chinesischen Joint Ventures erneut bei rund 5,2 Milliarden Euro.

Das Finanzergebnis des Konzerns stieg im vergangenen Jahr auf 2,8 (2,1) Milliarden Euro. Darin enthalten ist der Ertrag in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aus der Veräußerung der Suzuki-Anteile. Zudem wirkten sich die wechselkursbedingt über den hohen Vorjahreswerten liegenden Beteiligungserträge der At Equity konsolidierten chinesischen Gemeinschaftsunternehmen sowie geringere Finanzierungsaufwendungen positiv aus. Dagegen belasteten gestiegene Aufwendungen aus der stichtagsbezogenen Bewertung derivativer Finanzinstrumente und der negative Bewertungseffekt der Andienungs- und Ausgleichsrechte im Zusammenhang mit dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der MAN SE. Insgesamt lag das Ergebnis vor Steuern des Volkswagen Konzerns 2015 bei minus 1,3 (14,8) Milliarden Euro. Die Umsatzrendite vor Steuern sank auf minus 0,6 Prozent, nach 7,3 Prozent im Vorjahr. Nach Steuern lag das Ergebnis bei minus 1,4 (11,8) Milliarden Euro.