Erprobung in der Wüste
Porsche Macan – So fährt das kleine SUV von Porsche
Den Porsche 911 wird’s wohl ewig geben – aber mehr Geld verdienen andere Modelle. Ab 2014 auch das SUV Macan, der kleine Bruder des Cayenne. GRIP durfte schon mitfahren. Von Stefan Grundhoff, Los Angeles
Sechsstellige Verkaufszahlen – das schaffte Porsche mit Sportwagen alleine nie. Den Löwenanteil des Umsatzes machen längst die Limousine Panamera und vor allem das SUV Cayenne. Was lag näher, als ein zweites SUV in der Modellpalette, am besten kleines und günstiger? 2014 kommt der neue Macan, so der Name. Er sollte die vorhandene Technik des Konzernbruders Audi Q5 nutzen. Daraus wurde nur bedingt was, wie wir auf letzten Erprobungsfahrten mit dem neuen familientauglichen Einstieg in die Porschewelt erfuhren.
Ein Porsche wie der Audi Q5 - aber ganz anders
Die dritte Ebene der Tiefgarage einer unscheinbaren Hotels im Großraum von Los Angeles ist bares Gold wert. Hier parkt, etwas abgetrennt von zerbeulten Ford Rangern, verblichenen Nissan Maxima und zwei betagten VW Golf-Modellen, eine ganze Armada von Porsche-Prototypen. Es ist Spätsommer und die Reisegruppe aus Zuffenhausen und Weissach hat sich wieder einmal aufgemacht ins Land der ewigen Sonne. Dort sollen die Porsche-Modelle der nächsten Jahre – noch im geheimen Tarnanzug unterwegs – zeigen, was sie können. Der Star bei dem zweiwöchigen Ausflug ist der Macan – dem Crossover im Audi-Q5-Format.
„Doch mit dem Q5 hat der Porsche Macan nun wirklich nicht mehr viel gemein“, lacht Projektleiter Oliver Laqua als es mit dem schwarzen Prototypen durch die Berge nördlich der Millionenmetropole Los Angeles geht, „Allradantrieb, Motoren und Innenraum – alles haben wir gewechselt. Es sollte eben ein echter Porsche sein.“ In Rekordzeit von weniger als drei Jahren haben die Porsche-Ingenieure den Macan entwickelt. Einen kleinen Bruder des Porsche Cayenne, der längst zum Volumenmodell im Hause der Zuffenhausener geworden ist. Viele Details sind wegen der Tarnung noch nicht zu erkennen. Doch fest eines: Mit dem vergleichsweise zahmen Audi Q5 verwechselt den Porsche Macan niemand. „Vom Q5 stammen die beiden Achsen, der Tragrahmen, kleinere Module, der Träger vom Armaturenbrett und das Dach“, blickt Baureihenleiter Hans-Jürgen Wöhler in den sonnigen Himmel. Das Thermometer im düster verhängten Macan zeigt 35 Grad Celsius. „Wir haben noch einiges an Arbeit, ehe der Macan auf den Markt kommen kann. Die Entscheidung für den Macan fiel 2009. Das wussten die Audi-Leute bei der Entwicklung des Q5 noch nicht. Wir müssen daher noch allerhand an Absicherungen fahren“, ergänzt Wöhler.
Quattro ist nicht sportlich genug
Besonders das Allradsystem des Gen-Gebers Audi Q5 hatte den Porsche-Ingenieuren Kopfzerbrechen bereitet. „Es ist einfach nicht dynamisch genug. Nicht das, was man von einem Porsche erwartet“, erläutert Klaus Hees, der für das Fahrwerk des Macan verantwortlich ist, „drum haben wir das Audi-System herausgeworfen und unser eigenes Hang-On-System verbaut.“ Gemeint ist eines, wie es im Cayenne Verwendung findet. In seinen Dimensionen haben es die Porsche-Männer natürlich auf das kleinere Modell angepasst.
Wie dynamisch man mit dem 1,8 Tonnen schweren Allradler unterwegs sein kann, zeigt sich ein paar Minuten später auf einer getrockneten Sandfläche in der Steppe. Im Powerdrift drehen Oliver Laqua und seine Jungs ein paar Runden. Beim Aussteigen grinsen die, als sei Ihnen gerade eine Bestzeit auf der Nordschleife gelungen - dabei haben sie nur gespielt. Alle Macan-Modelle bekommen auf Wunsch eine Luftfederung (Serie beim Turbo), die sich optional mit einer elektronische Dämpferregelung aufrüsten lässt. Wer will, kann seinem Macan außerdem mit einer geregelten Quersperre an der Hinterachse noch mehr Dynamik mitgeben.
Auch Benziner nicht von Audi
Auch bei den Motoren wird es zwischen Audi Q5 und dem Porsche Macan keine Verwechslungen geben. Zum Marktstart im kommenden Frühjahr gibt es zunächst drei Macan-Versionen. Topmodell ist der 400 PS starke Macan V6-Turbo mit 550 Nm maximalem Drehmoment. Die Biturbomaschine treibt so ähnlich neuerdings auch den Panamera GTS an. Kaum weniger dynamisch ist im Alltagsbetrieb der ebenfalls sechszylindrige Macan S (trotz der Bezeichnung auch ein Turbotriebwerk mit 340 PS) unterwegs. „Die Audi-Ingenieure haben gesagt, einen V6 Bi-Turbo bekommen wir in diesen Motorraum sowieso nicht herein. Das hätten sie auch schon versucht“, schmunzelt Projektleiter Stefan Fegg“, doch es geht. Ist eben alles sehr kompakt bei uns.“
Motorhaube mit doppeltem Boden für die Luft
Besonderer Bedeutung kommt dabei der eigens entwickelten Zaubermotorhaube mit einer völlig neuen Luftführung zu. Sonst wäre es mit dem Doppelturbo wirklich nichts geworden.“ Die Luft geht durch den Kühler hoch in einen doppelten Boden unter der Motorhaube. Erst von da wird die angesaugte Luft nach unten zu den Filtern und dem Motor gepresst.
In Europa dürften die meisten Kunden auf den Macan S Diesel abfahren. Der 3,0-Liter-TDI von Audi leistet im Macan fast 260 PS und knapp 600 Nm. Schwächere Versionen mit vier und sechs Zylindern kommen später. Alle Macan-Modelle werden Allradantrieb und das siebenstufige Doppelkupplungs-Getriebe aus dem Hause Volkswagen bekommen, das gerade im Komfortbereich der Prototypen noch einiges Abstimmungspotenzial bietet. Fest steht, dass der kleine Macan die SUV-Mittelklasse auf den Kopf stellen wird, denn erstmals dringen die Zuffenhausener mit einem Auto in die bezahlbaren Volumensegmente ein. Das galt sonst allenfalls für den kleinen Boxster in seiner Basisvariante. Und der ist mit zwei Sitzen und Mittelmotor weit von nennenswerten Volumina entfernt.
Markstart des Porsche Macan im Frühjahr 2014
Die Zeit drängt, denn bis zum Frühjahr 2014, wenn der Macan in den Handel, kommt, ist nicht mehr viel Zeit. Nachdem die Tests in Kalifornien vorbei sind, fliegen die Ingenieure in mehreren Schüben am Freitag und Samstag nach Deutschland zurück. Die Prototypen werden ebenfalls verladen und stehen eingeflogen via Frankfurt am Montagnachmittag wieder wohl behalten auf dem Testgelände in Weissach. Und dann wird weiter getestet. Die Kunden scharren schon mit den Hufen.