Volkswagen Aufsichtsrat macht Schadensersatzansprüche gegen Prof. Martin Winterkorn und Rupert Stadler geltend

Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG zieht einen Schlussstrich unter seine Aufklärungsarbeit und beendet seine im Oktober 2015 eingeleitete Untersuchung der Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Dieselkrise. Als Ergebnis beschloss das Gremium in seiner heutigen Sitzung, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, Prof. Martin Winterkorn, sowie den früheren Konzernvorstand und Vorstandsvorsitzenden der AUDI AG, Rupert Stadler, wegen aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Pflichtverletzungen anderer Mitglieder des Konzernvorstands wurden nicht festgestellt.


Im Auftrag des Aufsichtsrats hat die Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz eine umfassende Prüfung von Haftungsansprüchen durchgeführt und dem Gremium nun die abschließenden Untersuchungsergebnisse vorgelegt. Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats beruht auf den von Gleiss Lutz im Gutachten getroffenen Feststellungen fahrlässiger Pflichtverletzungen. Die Untersuchung erstreckte sich auf alle im maßgeblichen Zeitraum amtierenden Mitglieder des Vorstands. Dabei wurden über 65 Petabyte Daten gesichert und insgesamt mehr als 480 Millionen Dokumente in Datenräume überführt. Davon wurden rund 1,6 Millionen Dateien als relevant identifiziert, gesichtet und überprüft sowie über 1.550 Interviews und Vernehmungen geführt. Zudem wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten, Berichte des US-Monitors sowie behördliche und gerichtliche Verfahren weltweit ausgewertet und berücksichtigt. Die jetzt abgeschlossene Untersuchung war die mit Abstand umfangreichste und aufwändigste Untersuchung in einem Unternehmen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte.


Als Ergebnis dieser Untersuchung steht nach Überzeugung des Aufsichtsrats fest, dass Prof. Winterkorn seine Sorgfaltspflichten als damaliger Vorsitzender des Vorstands der Volkswagen AG verletzt hat, indem er es in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterließ, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0 I TDI-Dieselmotoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären. Außerdem hat Herr Prof. Winterkorn es unterlassen, dafür zu sorgen, dass in diesem Zusammenhang gestellte Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden.


Rupert Stadler hat nach Überzeugung des Aufsichtsrats seine Sorgfaltspflichten verletzt, indem er es in der Zeit ab dem 21. September 2016 unterließ, dafür zu sorgen, dass von AUDI entwickelte 3,0 I und 4,2 I V-TDI-Dieselmotoren, die in EU-Fahrzeugen von Volkswagen, AUDI und Porsche verbaut waren, im Hinblick auf unzulässige Softwarefunktionen untersucht werden.


Auch die Aufsichtsräte der AUDI AG sowie der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG haben sich mit den Ergebnissen aus den Untersuchungen des Aufsichtsrates ihrer Gesellschaften befasst und ihre Beschlussfassung auf das Gutachten von Gleiss Lutz, in dem fahrlässige Pflichtverletzungen festgestellt werden, gestützt. In diesem Zusammenhang werden den ehemaligen Vorständen der AUDI AG, Prof. Ulrich Hackenberg und Dr. Stefan Knirsch, sowie dem früheren Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz aktienrechtliche Sorgfaltspflichtverletzungen vorgeworfen. Die genannten Personen werden nun auf Basis des Aktienrechts auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Zudem wurden bereits Ansprüche gegen den früheren Vorstand der Marke Volkswagen Pkw, Dr. Heinz-Jakob Neußer, geltend gemacht.