kurz vor dem Ziel in China

Die Route durch die bergige Landschaft gleicht einer Panorama-Tour mit immer neuen Schauspielen am Horizont. Sie führt von Mittelerde in eine fremde Galaxie – wären da nicht die leuchtenden, eindeutig irdischen Reisfelder.

Heute erwartet die Tour-Teilnehmer die längste Etappe der vierten Welle: 412 Kilometer liegen zwischen Yangshuo und Zhaoqing – 412 spannende Kilometer durch zwei ganz verschiedene Landschaften. Wie schon am Vortag, liegen die grandiosen Bergkegel im mysteriösen Morgennebel und liefern eine Kulisse, die zu jeder Art von Filmdrama passt. Am besten natürlich zu Science-Fiction-Movies. So könnte auf diesen wahren Wäldern von spitzen Karstkegeln Frodo aus dem Film „Herr der Ringe“ ebenso unterwegs sein wie Luke Skywalker in Star Wars Teil 36 auf der Suche nach der „Macht“. Kilometer für Kilometer verändert sich die Szenerie ständig, mal tauchen scheinbar die Zahnreihen eines mächtigen Monsters am Horizont auf, mal der Rückenkamm eines bislang unbekannten Riesendinosauriers. Die Bilder der Fantasie können hier nicht farbig genug sein.

Auch die Fahrer der Audi Q3 dürfen hier ihre Blicke schweifen lassen. Am heutigen Vormittag ist wieder eine Schnellstraße dran, und auf der ist praktisch überhaupt nichts los. So wirr der Verkehr in den Städten oder auf den Landstraßen oft wirkt, die Autobahnen sind auch für Europäer traumhaft entspannende Straßen. Das Tempolimit von 120 km/h sollte man freilich nicht vergessen – auch wenn sich manche Tour-Teilnehmer von den Beeindruckungsszenarien der Blinklichter und Blitzkameras (sind eigentlich alle Attrappen?) nicht mehr wirklich bremsen lassen.

Etwa nach 150 Kilometern scheinen die spitzen Hügel langsam im Boden zu verschwinden, die Landschaft wird flacher und die Temperatur steigt schnell an. Hatte das Thermometer im Cockpit des Audi Q3 am Morgen kaum 18 Grad angezeigt, so steht die Anzeige bald bei 27 Grad. Und der einzige Mitfahrer, der am Morgen optimistisch in Shorts erschienen war und dafür verwunderte Blicke geerntet hatte, ist voll rehabilitiert.

Was links und rechts der Strecke bleibt, sind die Reisfelder. Schon in den vergangenen Tagen waren die in dieser Region besonders warm leuchtenden Reisfelder immer wieder aufgefallen, auch heute sind auf vielen kleinen Pflanzungen die Arbeiter unterwegs, meist komplette Familien: Der Reis wird geschnitten, in Bündel gebunden, zum Trocknen zu „Männchen“ aufgestellt und auch gleich in kleinen Maschinen gedroschen. Alles in Hand- und Fußarbeit auf den schmalen Terrassen.

Auch wenn Reis, der zu den sieben wichtigsten Getreidearten der Welt zählt, in China längst nicht so viel gegessen wird, wie wir Westler immer vermuten, so ist er doch ein weitverbreitetes Grundnahrungsmittel. Die Täler von Jangtse und Huai gelten als sein Ursprungsort als Kulturpflanze. Die ältesten gefundenen Reisreste stammen bereits aus der Zeit um 5000 v. Chr. Obwohl Reis ursprünglich keine Wasserpflanze ist, hat sich die Pflanze durch jahrtausendlange Zucht mit der Überflutung der Felder arrangiert. Hauptsächlicher Grund für dieses wasserintensive Anbauverfahren ist der auf diese Art einfachere Kampf gegen Unkraut und Schädlinge. Terrassenförmiger Nassreisanbau wird außer in China auch in Japan oder Indonesien betrieben.

Die Gegend nördlich von Guilin ist ein traditionelles Reisanbaugebiet. Diese sogenannten Drachenknochen-Reisterrassen sind die schönsten der Welt und stellen ein von Menschen geschaffenes Wunder dar. Der Anblick ist zu jeder Jahreszeit umwerfend: Jetzt im Herbst sind die Felder goldgelb, im Winter schneebedeckt und im Frühjahr spiegelt sich die untergehende Sonne im aufgestauten Wasser. In den Reisterrassen verstreut liegen winzige Dörfer, deren pittoreske Holzhäuser von den hier verwurzelten Minderheiten bewohnt werden. Natürlich gibt es Gegenden in China mit sehr viel größeren Anbauflächen und maschineller Bearbeitung – sonst wäre der Hunger dieser Nation kaum zu stillen.

In Bambusblätter einwickeln und mit klebrigem Reis verbinden lässt sich übrigens so ziemlich alles. Und genau das tut man in Zhaoqing, dem Ziel der heutigen Etappe, auch besonders gerne: Gewürztes Fleisch, trockene Wurst, geröstete Erdnüsse oder Lotussamen, aber auch gesalzene Enteneidotter werden zu nahrhaften Reisklößen verarbeitet. Die Spezialität, die früher der Zeit des Drachenbootfestes vorbehalten war, gibt es mittlerweile zu jeder Jahreszeit.

Nach etwa der Hälfte der Tagesetappe kommen die Autos nach Wuzhou. In der Stadt am Ufer des Xun Jiang leben mehr als drei Millionen Menschen. Auf der National Road geht es anschließend über die Provinzgrenze hinüber nach Guangdong (auch bekannt als Kanton). Obwohl die Küstenlinie noch einige Kilometer entfernt ist, scheint die Weltoffenheit der Menschen in dieser Region spürbar. Die abwechslungsreiche kantonesische Küche ist das beste Beispiel. Egal ob gebacken, frittiert, gebraten oder geschmort: Hier wird besonders gern gegessen; Geschmackserlebnisse sind garantiert – wenn auch nicht jedermanns Art. Frosch mit Cashewnüssen oder Schildkröte in scharfer Soße gehören zum Mittagstisch.

Weiter führt die Strecke am Nachmittag entlang dem Xi Jang, dem mächtigen und viel befahrenen Westfluss, in Richtung Südosten. Die National Road ist zwar vierspurig, wird aber von Rinderherden ebenso benutzt wie von ganzen Schulklassen auf dem Heimweg. Alles in allem bietet dieser Tag wieder eine intensive Portion China.

Tag 18

Eine erste, ganz leichte Wehmut wird schon spürbar: Heute steht die letzte „richtige“ Etappe der Trans China Tour an. Morgen schon rollen die 20 Audi Q3 nach Shenzhen zum Ziel, dann heißt es Abschied nehmen von diesem Land, dieser Kultur und diesen Menschen. Doch langsam: Erst mal gibt es heute eine weitere geballte Portion China mit vielen Facetten.

Eine Offroadtour steht am Morgen an. Das bedeutet einzutauchen in die ländliche Welt, entlang der Reisfelder, der Hüttendörfer, der Bananenstauden, der gesamten subtropischen Vegetation. Das bedeutet auch Staubstraßen und Baustellen. Denn wo vor ein paar Wochen noch Schotterpisten entlang führten, da wird jetzt kräftig betoniert, die neue Piste ist an vielen Stellen schon fertig.

Ländliche Entwicklung meint in China stets zunächst den Bau von Infrastruktur und Verkehrswegen. Doch klar wird an diesem Morgen wieder einmal: Bis die Entwicklung im ländlichen Raum auch nur annähernd mit der Dynamik der Städte mithalten kann, ist noch extreme Anstrengung nötig. Was soll junge Menschen hier auf dem Land halten? Die Flucht in die Städte bedeutet für die meisten die einzige Hoffnung auf eine persönliche Zukunft. China und sein Zeitraffersprung in die Zukunft ist an unglaublich vielen Stellen ein Experiment mit hoffentlich gutem Ausgang ...

Doch die zweite Seite Chinas rückt mit jedem Fahrkilometer näher. Die Strecke führt an Foshan vorbei, dessen Präfektur bereits acht Millionen Einwohner zählt. Die immer zahlreicher werdenden Fabriken entlang der Straße machen deutlich, dass wir uns einem der industriellen Zentren des Landes nähern. Die weitläufigen Siedlungen entlang des Perlflusses (Zhu Jiang) sind in den letzten Jahren immer dichter zusammengewachsen und bilden inzwischen eine gigantische Metropolregion. Auch wegen der boomenden Sonderwirtschaftszonen Shenzhen (nahe Hongkong) und Zhuhai (nahe Macao) sowie den Multimillionenstädten Guangzhou, Dongguan und Foshan zählt die Provinz Guangdong zu den wichtigsten Wirtschaftsräumen Chinas – und damit der Welt.

Guangzhou schließlich ist das Ziel der Etappe, im Deutschen noch als Kanton bekannt. Deutlich mehr als zehn Millionen Einwohner erbrachte die Volkszählung 2010, damit wurde Guangzhou als die drittgrößte Stadt Chinas eingestuft. Hochhaustürme, mehrstöckige Straßen, vielspurige Kreuzungen, die Werbung der Luxusmarken – hier sind sie wieder.

Ein beständiges Thema freilich ist in China das Essen. Die kantonesische Küche ist die in der westlichen Welt bekannteste chinesische Kochschule und gilt im eigenen Land als der raffinierteste einheimische Kochstil. Auf den Tisch kommen neben Huhn, Schwein, Rind, Gans, Fisch und Meeresfrüchten eine Fülle exotischer Zutaten, darunter auch für den westlichen Magen gewöhnungsbedürftige Ingredienzien wie Insekten, Schlangen, Frösche und Schildkröten. Im Gegensatz zu den Speisen anderer Provinzen sind die kantonesischen Gerichte wenig gewürzt, um den natürlichen Geschmack von Fleisch und Gemüse zum Zuge kommen zu lassen.

Eine Besonderheit der südlichen Küche sind Appetithäppchen, Dim Sum, die bis zum späten Nachmittag in Bambuskörbchen zum klassischen chinesischen Tee serviert werden. Oft handelt es sich dabei um kleine Teigtaschen, gefüllt mit allen erdenklichen Zutaten von Fleisch über Meerestiere bis hin zu Ei und Süßem. Über all diesen Köstlichkeiten lässt sich der drohende Abschiedsschmerz doch bestens überwinden…

Quelle: http://www.audi-q3-trans-china-tour.com