Special Audi Hungaria: Im Presswerk

320 Meter lang, 58 Meter breit und 17 Meter hoch – die Halle G 55, das Presswerk, ist zwar nicht das größte Gebäude des Werks von Audi Hungaria in Gy?r. Aber sie ist so etwas wie der Grundstein der Produktion – das Gewerk, in dem die Fertigung jedes einzelnen Autos beginnt. Als Fundament des Bauwerks dient eine fugenlose Stahlbetonplatte von 1,5 Meter Stärke, die acht Meter tief im Boden liegt. 360 Bohrpfähle von 15 Meter Länge und 0,8 Meter Durchmesser tragen die Platte.

Bis zu 140 Beschäftigte arbeiten hier auf 26.000 Quadratmeter Fläche – im Takt der großen Pressenstraße mit der Bezeichnung Servo-PXL, einem mächtigen, stetigen Puls, der pro Minute bis zu 17 Mal schlägt. Die Servo-PXL bildet zusammen mit einer Einarbeitungspresse und der Bandschneideanlage die Ausstattung des Presswerks. Mit ihren 93 Meter Länge, 22 Meter Breite und zwölf Meter Höhe steht sie wie ein eigenes Gebäude in der Halle; in die grauen Wände sind leuchtend gelbe Türen eingelassen. Ihr Gewicht beläuft sich auf 5.000 Tonnen. 8.100 Tonnen beträgt die Schließkraft der Servo-PXL, aufgeteilt auf sechs einzelne Pressen. Mit 2.100 Tonnen ist die erste von ihnen, die das Tiefziehen der Platinen erledigt, die stärkste. Die weiteren Pressen – zuständig für Schneide-und Nachformvorgänge – teilen sich die restlichen 6.000 Tonnen.

Gegenüber den Anlagen aus der Vorgängergeneration bietet die Servo-PXL, die zum ersten Mal bei Audi zum Einsatz kommt, große Fortschritte. Der wichtigste von ihnen ist der Antrieb – 14 elektrische Servomotoren ersetzen das zentrale Aggregat und dessen große Schwungmasse. Sie sind auf den Kopfstücken der sechs Einzelpressen montiert und leisten jeweils 390 Kilowatt. Die Geschwindigkeit, mit der sie die Stößel abwärts bewegen und wieder abbremsen, lässt sich frei und hochpräzise auf die Erfordernisse des Presswerkzeugs ausrichten, das gerade im Einsatz ist.

Wenn die Stößel abbremsen, gewinnt die Presse Energie zurück. Sieben generatorische Schwungradspeicher im Untergeschoss des Presswerks speichern sie für wenige Sekunden und schicken sie dann zum Antrieb in die Maschine zurück. Eine weitere Stärke der neuen Servo-PXL ist der schnelle Wechsel der Werkzeuge, die bis zu 60 Tonnen wiegen und von Kränen transportiert werden, die unter der Hallendecke laufen. Er erfolgt vollautomatisiert und dauert nur drei Minuten.

Die Pressenstraße kann pro Arbeitstag bis zu 24.000 Teile herstellen, im Takt von bis zu 17 Hüben pro Minute. Zwischen den Hüben vollzieht sich in ihrem Inneren ein mechanisches Ballett von extremer Komplexität, Geschwindigkeit und Präzision: Roboter mit hohen Freiheitsgraden, so genannte Crossbar Feeder, holen die Platinen vom Stapel, sprühen sie mit Schmierstoff ein, positionieren sie in einer optischen Zentrierstation, legen sie in die Werkzeuge und entnehmen sie von dort. Pro Hub vollziehen sich etwa 70.000 einzelne Schaltvorgänge.

Audi legt an jedes Blechteil der A3 Limousine extrem hohe Qualitätsmaßstäbe an – bei den Maßen liegen die Toleranzen im Bereich von Zehntelmillimetern, bei den Oberflächen sind es Hundertstelmillimeter. Obwohl die Servo-PXL mithilfe hochdetaillierter Programme selbsttätig arbeitet, tragen die Maschinenführer noch immer hohe Verantwortung – sie überwachen das Funktionieren der Mechanik, beobachten den Umformprozess und reagieren auf eventuelle Fehlermeldungen von den Auslaufbändern. Dort kontrollieren geschulte Mitarbeiter unter einer speziellen Beleuchtung die fertigen Teile mit Auge und Fingerspitzen.

Modernste Technologien tragen zur Audi-Präzision bei. Schon jetzt untersucht ein optisches Messverfahren die Pressteile auf Einschnürungen und Risse. Weitere Technologien stehen kurz vor dem Einsatz. Zu ihnen zählen elektromagnetische Sensorik wie akustische Messsysteme im Inneren der Pressenstraße und die so genannten intelligenten Werkzeuge, eine wegweisende neue Entwicklung von Audi. Sensoren beobachten hier, ob das Blech beim Pressen optimal eingezogen wird; falls nicht, regeln die Klemmeinrichtungen im Werkzeug den Einzug entsprechend nach.

Der Materialfluss im Presswerk ist geschlossen. Wenn die Bandschneideanlage (BSA) die Platinen aus den mannsgroßen, etwa 25 Tonnen schweren Stahl- und Aluminiumbändern („Coils“) schneidet, erzielt sie etwa 85 Prozent Ausnutzungs-grad. Aus einigen Stanzausschnitten werden später Bleche, die im Inneren der Karosserie Verwendung finden. Der Verschnitt an Stahlblech und Aluminium, der in der BSA und in der Pressenstraße anfällt, wird über Bänder im Untergeschoss gesammelt und dem Recycling zugeführt.